Die konjunkturelle Wetterlage für die europäische Aluminiumhalbzeug-Industrie ist derzeit positiv zu bewerten. Der europäische Bedarf an Aluminiumhalbzeug dürfte im Jahr 2018 ein Volumen von rund achteinhalb Millionen Tonnen erreichen. Für das Jahr 2019 ist die Industrie ebenfalls optimistisch und erwartet ein positives Mengenwachstum. Hierbei gibt es keine nennenswerten Unterschiede bei den einzelnen Produktgruppen: sowohl die Nachfrage nach Walz- als auch nach Strangpressprodukten entwickelt sich auf einem soliden Niveau zufriedenstellend. Diesem konjunkturellen Hochdruckeinfluss stehen jedoch auch Risiken gegenüber. Das gravierendste Risiko geht derzeit von der US-amerikanischen Handelspolitik aus. Unter Meteorologen würde man wohl von einem heranziehenden Tiefdruckgebiet sprechen. Derzeit überwiegt jedoch der Hochdruckeinfluss!
Europäische Nachfrage nach Wirtschaftskrise wieder auf hohem Niveau Aluminiumhalbzeug wird in diesem Beitrag in den Bereich Walzprodukte und den Bereich Strangpressprodukte aufgegliedert. Die Strangpressindustrie stellt im Wesentlichen Profile, Stangen und Rohre her, während die Walzbranche (Fach-)Produkte mit einer Dicke von mehr als 0,2 mm – sogenanntes Walzhalbzeug – herstellt (dünneres Material fällt in den Bereich Folie).
In der letzten großen Wirtschafts- und Finanzkrise sank der europäische Bedarf für Aluminiumhalbzeug von 8,2 Millionen auf 6,2 Millionen Tonnen. In den letzten 10 Jahren ist der Bedarf kontinuierlich angestiegen und lag im Jahr 2017 mit rund 8,3 Millionen Tonnen wieder über dem Vorkrisenniveau des Jahres 2007. Die Nachfrage bei Walzprodukten verlief dynamischer, als dies bei den Strangpressprodukten der Fall war. Somit stieg der Anteil der Walzprodukte von 58 Prozent auf 63 Prozent am Gesamtbedarf für Aluminiumhalbzeug an. Im Jahr 2018 wird sich der Bedarf auf 3,1 Millionen Tonnen Strangpressprodukte und 5,4 Millionen Tonnen Walzprodukte belaufen.
In Deutschland betrug der Bedarf an Aluminiumhalbzeug im Jahr 2007 rund 2,4 Millionen Tonnen. Im Jahr 2018 werden etwa 2,5 Millionen Tonnen erreicht werden. Die Entwicklung von Walz- und Strangpressprodukten verlief homogener als in Europa insgesamt. So blieb der Anteil der Walzprodukte am Gesamtbedarf für Aluminiumhalbzeug konstant bei 59 Prozent. Für das Jahr 2018 wird sich der Bedarf in Deutschland auf 1,0 Millionen Tonnen Strangpressprodukte und 1,6 Millionen Tonnen Walzprodukte belaufen. Die Nachfrage nach Walzprodukten ist somit seit dem Jahr 2007 um 100.000 Tonnen gewachsen, während der Bedarf bei den Strangpressprodukten nun wieder auf dem Vorkrisenniveau ist. In Europa ist dies hingegen noch nicht der Fall.
Deutschland hat damit seine Führungsrolle als wichtigster Markt innerhalb Europas weiter ausgebaut. So wuchs der Anteil Deutschlands am europäischen Bedarf zwischen 2007 und 2018 von 29 Prozent auf 31 Prozent an. Hierbei stieg insbesondere der Bereich Strangpressprodukte mit 6 Prozentpunkten (28 Prozent auf 34 Prozent) deutlich an.
Standort Deutschland entwickelt sich positiv Als größter Produzent von Walzprodukten kommt Deutschland eine wichtige Versorgungsfunktion innerhalb Europas zu. Knapp zwei Drittel der deutschen Walzhalbzeuge werden exportiert, überwiegend ins europäische Ausland. Im Jahr 2017 wurden insgesamt 1.861.134 Tonnen Walzprodukte „made in Germany“ hergestellt. Deutschland ist ebenfalls größter europäischer Produzent von Aluminium-Strangpressprodukten. Diese werden zu etwa 80 Prozent in Deutschland weiterverarbeitet. Die übrigen 20 Prozent gehen vorwiegend in die europäischen „Nachbarländer“. Im Jahr 2017 wurden 583.676 Tonnen produziert. Die deutsche Produktion von Aluminiumhalbzeug belief sich somit auf 2,45 Millionen Tonnen. Im Jahr 2016 belief sich die Produktion auf 2,46 Millionen Tonnen.
Die aktuelle Produktionsentwicklung für Aluminiumhalbzeug ist deutlich positiv. So belief sich die Produktion von Walzprodukten im Januar und Februar auf 261.860 Tonnen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist dies ein Anstieg von 5,9 Prozent. Die Produktionsentwicklung bei den Herstellern von Strangpressproduktion verlief mit einem Anstieg um 1,8 Prozent ebenfalls positiv.
Ausblick positiv - Risiken nehmen zu
US-Präsident Donald Trump verantwortet unter anderem Einfuhrzölle, Strafzölle und Sanktionen gegen Russland.
Die konjunkturelle Lage und der Jahresausblick sind für die Aluminiumhalbzeug-Werke in Europa insgesamt positiv: Sowohl Bedarf als auch Produktion dürften weiter zunehmen. Dies ist dem breiten Aufschwung in Europa geschuldet, der auch die wichtigsten Abnehmermärkte der Aluminiumindustrie umfasst. Jedoch nehmen insbesondere die handelspolitischen Risiken spürbar zu. Ausgelöst durch die immer neuen Interventionen durch US-Präsident Trump.
Beispielhaft seien Einfuhrzölle von 10 Prozent auf Aluminium, Strafzölle gegen China und die jüngsten Sanktionen gegen Russland genannt. Die Unternehmen brauchen Planbarkeit und offene Märkte, um im Wettbewerb die besten Lösungen anbieten zu können. Dies wird durch die derzeitig Handelspolitik nicht gerade erleichtet. Im Gegenteil: die Versorgungssicherheit der gesamten Branche steht auf dem Spiel.
Sich hieraus ergebenden Wirkungen auf die Industrie können kaum quantifiziert werden. Dennoch ist die europäische Aluminiumindustrie optimistisch für die Konjunkturentwicklung im Jahr 2018/2019. Hinzu kommt, dass die Verwendungsintensität von Aluminium in vielen Schlüsselindustrien mittel- bis langfristig weiter ansteigen wird. Die Wachstumsperspektiven sind daher nach wie vor günstig. Vorerst steht die europäische Aluminiumhalbzeug-Industrie daher noch unter Hochdruckeinfluss.