thyssenkrupp baut seine Entwicklungsaktivitäten für Großwälzlager für die Windindustrie weiter aus. Dafür hat das Unternehmen jetzt in Erwitte im Kreis Soest einen neuen Teststand speziell für Blatt- und Rotorlager von Windkraftanlagen in Betrieb genommen. Dort können auf rund 7.500 Quadratmeter Fläche Lager für Turbinen von größer zehn Megawatt Leistung unter Realbedingungen getestet und weiterentwickelt werden. Der Teststand ist eine Erweiterung des Entwicklungszentrums für Großwälzlager im nur wenige Kilometer entfernten Lippstadt. Das Unternehmen hat über fünf Millionen Euro in den neuen Teststandort investiert.
Winfried Schulte, CEO von thyssenkrupp rothe erde: „Dieser Teststandort ist speziell darauf ausgerichtet, die Funktionsweise und Lebensdauer neuer Rotor- und Blattlager für die zukünftigen Generationen von Windkraftanlagen ganzheitlich zu simulieren. Ganzheitlich bedeutet, die Lager werden unter Berücksichtigung der relevanten Turbinenkomponenten, also Rotornabe und Rotorblatt, in Originalausführung getestet. Für die neue Generation von Windturbinen der 10 Megawatt-Klasse sind solche Prüfungen von entscheidender Bedeutung, da mit dem Leistungsschritt wesentlich höhere Anforderungen an Funktionalität, Belastung und Qualität der Komponenten auf uns zukommen“.
Windkraftanlagen der neuen Generation verfügen über Rotorblätter von bis zu 80 Meter Länge. Blattlager verbinden die Rotorblätter mit der Rotornabe und erlauben die optimale Einstellung der Rotorblätter zum Wind, um die Leistung der Anlage zu regulieren. Speziell auf den Blattlagern lasten während des Betriebs extrem hohe Kräfte. Sie zählen deshalb ebenso wie Rotorlager zu den wichtigsten Bauteilen einer Anlage. Rotorlager lagern den gesamten Antriebsstrang von Nabe, Rotorblättern und Generator. Sie erlauben die Übertragung der Drehmomente aus den Rotorblättern auf den stromproduzierenden Generator und übertragen Windlasten und Gewichtskräfte in den Turm.
Für die Auslegung solcher Lager sind neben den theoretischen Berechnungen auch intensive Versuche im Maßstab 1:1 notwendig, um auch nichtberechenbare Effekte wie zum Beispiel Verschleißphänomene zu bewerten und die Auslegung zu validieren.
Der neue Teststand von thyssenkrupp rothe erde erlaubt sämtliche Funktionstests, die eine Belastung über die gesamte Lebenszeit des Bauteils von bis zu 25 Jahren simulieren, in sechs bis zwölf Monaten zu absolvieren. Dabei setzt thyssenkrupp auch neue digitale Mess- und Prüfverfahren ein. So werden zum Beispiel einzelne Wälzkörper im Inneren des Lagers mit einer speziellen Sensorik ausgestattet und als Messinstrumente genutzt. Diese „intelligenten“ Wälzkörper senden in Echtzeit Messdaten aus dem laufenden Betrieb der Anlage. Das ermöglicht neue Erkenntnisse über Realbelastungen und Wirkzusammenhänge auf die Gesamtkonstruktion. Diese digitalen Messverfahren können auch im Normalbetrieb außerhalb des Prüfstands eingesetzt werden. Darüber hinaus können Versuche mit Schmierstoffen oder auch Dichtigkeitsprüfungen durchgeführt werden.
„Umfangreiches Test- und Prüfequipment inhouse zu haben, ist heutzutage ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Wir haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich in den Ausbau unseres Testzentrums investiert. Gemeinsam mit unseren Kunden aber auch mit Zertifizierungseinrichtungen und Universitäten arbeiten wir hier an neuen technologischen Lösungen, um Windkraftanlagen noch effizienter, robuster und leistungsstärker zu machen“, so Winfried Schulte weiter.
Der Teststand in Erwitte gehört zum Test- und Entwicklungszentrum für Windkraftkomponenten von thyssenkrupp rothe erde in Lippstadt. Die Einrichtung ist weltweit eine der größten und modernsten ihrer Art. Auf rund 10.000 Quadratmetern Fläche werden dort Großwälzlager u.a. für On- und Offshore-Windkraftanlagen getestet und weiterentwickelt. An insgesamt zwölf Großprüfständen werden Qualitäts- und Lebensdauertests an Lagern mit bis zu sechs Metern Außendurchmesser durchgeführt. Im Fokus stehen dabei sogenannte induktiv gehärtete Lager. Dabei handelt es sich um extrem leistungsstarke Bauteile, die für besonders große Anwendungen geeignet sind.
thyssenkrupp in der Windindustrie
thyssenkrupp ist ein wichtiger Partner der Windindustrie. Neben der Fertigung von Komponenten ist das Unternehmen ein Anbieter von Serviceprodukten und Engineering-Dienstleistungen. So baut das Unternehmen Aufzüge für Windturbinen sowie vollautomatisierte Anlagen zur Rotorblattfertigung. Darüber hinaus rüstet thyssenkrupp Windparkbetreiber mit modernster Prüftechnik zur Fernüberwachung von Windkraftanlagen aus und entwickelt industriell einsetzbare Energiespeicher. Zudem betreibt thyssenkrupp ein Handelsgeschäft für Rohre, Stahl und Industrieanlagen, die beim Turbinen-, Turm- und Fundamentbau Anwendung finden. Auch im Bereich Werkstoffe für die Windindustrie ist thyssenkrupp tätig. Extremstrapazierfähige Grobbleche aus Stahl finden unter anderem Verwendung bei der Herstellung von Fundamenten, Türmen und Installationsschiffen. Veredelte Feinbleche werden bei der Fertigung von Gondeln und anderen korrosionsgefährdeten Komponenten eingesetzt. Elektroband von thyssenkrupp ist ein wichtiges Vormaterial für Generatoren und Transformatoren.