Die Umstellung von konventioneller auf grüne Stahlproduktion ist durch eine hohe Dynamik geprägt, besonders in Europa. Grüner Stahl steht dabei für eine Produktion unter Verwendung von grünem Wasserstoff und grünem Strom anstelle von Koks und fossiler Elektroenergie.
Der europäische Markt für grünen Stahl wird von verschiedenen Faktoren getragen, darunter die wachsende Zahl an interessierten Endkunden und die Veränderung der Verbrauchermärkte. In praktisch allen Industriebereichen bemühen sich die Unternehmen um eine Verringerung ihrer Emissionen entlang der Wertschöpfungskette, die sogenannten Scope-3-Emissionen. Das ist einer der Gründe für die steigende Nachfrage nach grünem Stahl und ein Gesichtspunkt der Marktprognose. Das Dubliner Markforschungsinstitut „Research and Markets“ etwa erwartet für den europäischen Markt für grünen Stahl eine kumulierte jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 75 Prozent über die nächsten sechs Jahre. Dazu kommt die Erwartung für interessante Gewinnmargen in diesem Marktsegment.
Im Jahr 2021 wurde der erste marktfähige, wasserstoffbasierte grüne Stahl in Europa an einen Nutzfahrzeughersteller verkauft. Der Lieferant war der schwedische Stahlkonzern SSAB. Das ist keine Überraschung, denn Schweden ist eindeutig ein ambitionierter Wegbereiter für Investitionen in klimafreundliche Technologien zur Stahlherstellung. Das selbstgesteckte Ziel des Landes ist Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. So ist beispielsweise H2 Green Steel der Name des neuen wasserstoffbasierten Stahlwerks, das in der nähe der schwedischen Stadt Boden entsteht und von maßgeblichen Europäischen Finanzinstituten gefördert wird.
Die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Stahlindustrie bringt die Herausforderungen höherer Produktionskosten mit sich. Da künftig die schrottbasierte Produktion in Elektrostahlwerken den größten Anteil an der Herstellung von grünem Stahl haben dürfte, werden die Produktionskosten stark von der Verfügbarkeit und dem Preis von Recyclingmaterial (Stahlschrott) beeinflusst sein, außerdem auch von den Kosten für grünen Strom und für alternative Einsatzmaterialien.
Dennoch gibt es einen eindeutigen Trend bei den Unternehmen, gemeinsam in Projekte zu investieren, mit denen die Stahlherstellung klimafreundlich wird. Nach Einschätzung von „Research and Marktet“ werden die größten Investitionen in die klimafreundliche Stahlherstellung in Europa getätigt und zwei Drittel aller solcher Projekte finden hier statt.
Ungeachtet der gegenwärtigen politischen Unsicherheiten und Bedenken wegen der Energieversorgung gibt es starke Anzeigen dafür, dass die Stahlindustrie aus der Kohle aussteigt und sich zu mehr Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit verändert. Vielleicht ist aber gerade diese Veränderung der Grund dafür, dass der Markt für grünen Stahl im Aufschwung ist.