Eine neue Klasse von Polymerschmiermitteln macht den Kaltumformprozess deutlich umweltschonender und wirtschaftlicher.
Metalle können mittels Kaltumformung zu Drähten verarbeitet werden – ein äußerst aufwändiges Verfahren. Die dafür notwendigen Schmiermittel erfüllen jedoch oft nicht die Anforderungen der Endverarbeiter. Im Rahmen des KMU-innovativ-Projekts „Polyschmierung“ haben fünf Partner aus Industrie und Forschung eine neue Klasse von Polymerschmiermitteln entwickelt, die den Prozess deutlich umweltfreundlicher und wirtschaftlicher machen. Sie werden industriell bereits erfolgreich eingesetzt.
Metallfedern, Drahtgitter oder Nägel haben ihren Ursprung im Drahtziehen, ein Verfahren, das mit einer intensiven Vor- und Nachbehandlung und hohem Aufwand verbunden ist. Bei dieser Kaltumformung von Metallen wird ein zuvor warmgewalzter, bis zu 50 Millimeter dicker Draht durch eine Reihe von Ziehsteinen gezogen, die immer kleiner werdende Öffnungen haben. Dabei wird das Metall langgezogen und sein Durchmesser verringert. Schmier- oder Ziehmittel spielen hier eine entscheidende Rolle: Sie haben die Aufgabe, die Reibung zu reduzieren, die Wärmeentwicklung zu minimieren, vor Korrosion zu schützen, die Umformbarkeit zu verbessern und die Lebensdauer der Ziehsteine zu verlängern. Vor dem Aufbringen des Schmiermittels muss das Ausgangsmetall jedoch intensiv behandelt und eine Trägerschicht aufgebracht werden, die später unter erheblichem Zeit- und Energieaufwand und mit viel umweltschädlicher Chemie wieder entfernt werden muss. Häufig erfüllt das bisherige Sortiment an Schmiermitteln nicht die Anforderungen der Endverarbeiter. Der Grund: Zusätzlich zum erheblichen Aufwand kann es beispielsweise zum Kaltverschweißen der Drähte führen, wenn die Vorbehandlung und das Ziehmittel nicht funktionieren.
Im Rahmen des Projekts „Polyschmierung wurde am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in enger Zusammenarbeit mit Industriepartnern neue innovative Schmiermittel auf Polymerbasis entwickelt Die Anforderungen an das neue Schmiermittel waren hoch: Es sollte aus umweltschonenden, wasserlöslichen Polymeren bestehen und den Behandlungsaufwand vor dem Ziehen reduzieren. Trotz dünnerer Schichten auf dem Metall sollte es effizient den reibungsbedingten Energieverlust mindern und so den begleitenden Werkzeugverschleiß erheblich minimieren.
Die entwickelten Polymere erfüllen laut IAP all diese Voraussetzungen. Sie werden direkt, also ohne aufwändige Vorbehandlung, auf das Metall aufgetragen. Da sie wasserlöslich sind, können sie im Nachgang leicht mit einem wässrigen Lösemittel entfernt werden. Dabei wird auf umweltschädliche, aggressive Chemikalien und organische Lösemittel verzichtet. Die ersten Drähte, die mit dem neuen Schmiermittel gezogen wurden, wurden bereits verkauft und sind erfolgreich im Einsatz.
In dem Projekt waren neben dem Fraunhofer IAP und der Chemischen Fabrik Wocklum die Firmen F. Brüninghaus & Söhne GmbH & Co., die Fröndenberger Drahtwerk GmbH sowie die STAKU Anlagenbau GmbH beteiligt.
Aussichtsreiche Perspektiven für Metallumformung und -bearbeitung
„In Deutschland sind etwas über 40 Drahtziehereien für Eisen und Stahl ansässig, sowie zusätzlich etwa 120 Verarbeiter, die teilweise die Ziehprozesse intern durchführen und direkt von den neuen HPPL-Polymerschmiermitteln profitieren können. Wir gehen davon aus, dass hier mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden können“, erläutert Michael Bertzen von der Chemischen Fabrik Wocklum Gebr. Hertin, der das Projekt auf Industrieseite koordinierte. „Die Polymere können dabei individuell an die spezifische Anwendung angepasst werden, z. B. für Legierungen oder Drähte mit speziellen Beschichtungen.“
Das Potenzial der Polymerschmiermittel reicht laut IAP aber noch deutlich über das Drahtziehen hinaus: auch andere Bereiche der Metallumformung und -bearbeitung können von der Entwicklung profitieren, etwa der Rohrzug oder die Kaltmassivumformung. Denn auch hier spielen Schmiermittel eine entscheidende Rolle. Chemie Wocklum kann bereits Mustermengen des Schmiermittels im dreistelligen Kilogrammmaßstab produzieren und Interessenten für industrielle Tests zur Verfügung stellen.
Quelle: Fraunhofer IAP