Klimaschonender Stahl für „grüne“ Leitmärkte: Neues Kennzeichnungssystem schafft Transparenz.
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) haben mit der Einführung des Low Emission Steel Standards (LESS) einen Grundstein für die Entwicklung grüner Leitmärkte für klimaschonenden Stahl gelegt. LESS ist auf Initiative der Wirtschaftsvereinigung Stahl und ihrer Mitgliedsunternehmen entstanden und wird vom BMWK flankiert. Diese Kennzeichnung für CO2-armen Stahl beruht auf Ergebnissen des vom BMWK durchgeführten breiten Stakeholderprozesses „Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe“.
Bernhard Osburg, Präsident der WV Stahl, betont die Bedeutung von klaren Regeln, Definitionen und überprüfbaren Standards für den Erfolg der Transformation der Stahlindustrie: „Als Stahlindustrie wollen wir einen Markt für klimafreundlichen Stahl entwickeln, um öffentliche Anschubfinanzierungen für unsere Transformation schnellstmöglich abzulösen. Dazu müssen wir die Fortschritte bei der Dekarbonisierung unserer Standorte sichtbar, vergleichbar und damit auch bewertbar machen. Die Frage nach einer Grünstahl-Definition wird weltweit schon seit langem intensiv diskutiert. Ich freue mich, dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, eine auf internationalen Regeln und Standards basierende und breit konsentierte Lösung zu entwickeln, die wir nun in die Umsetzung bringen”. Stahlverwender erhalten damit alle Informationen, die sie benötigen, um ihre CO2-Einsparziele mithilfe von „grünem“ - also CO2-arm hergestelltem Stahl zu dokumentieren.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht die neue LESS-Kennzeichnung als wichtigen Vorstoß der deutschen Stahlindustrie für nachhaltige Standards und mehr Vergleichbarkeit bei den Transformationsanstrengungen. „Nachhaltige Kennzeichnungen sind eine wesentliche Stellschraube, um Transparenz und Anreize für klimafreundliche Grundstoffe und Produkte im Markt zu schaffen. Die Kennzeichnung greift die Ergebnisse aus einem breiten BMWK-Stakeholderprozess mit der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu Definitionen für klimafreundliche Grundstoffe, darunter Stahl, auf und wird so auch breit von der Branche getragen“, so der Minister.
LESS sei der erste Standard in einem der größten stahlproduzierenden Länder der Welt, der beide Routen der Stahlproduktion hinter sich vereine: Sowohl die konventionelle Hochofenroute im Übergang zu CO2-armen wasserstoffbasierten Produktionsverfahren als auch die heute schon CO2-arme schrottbasierte Elektrostrahlproduktion. Die Unternehmen beider Routen sind bestrebt, weitere Dekarbonisierungsschritte zu gehen. LESS ermögliche eine Vergleichbarkeit der Dekarbonisierungsanstrengungen beider Routen. Ziel von LESS sei es, diese Transformation zur Klimaneutralität mit marktwirtschaftlichen Mitteln zu beschleunigen. Daher ist LESS laut WV Stahl deutlich ambitionierter ausgestaltet als vergleichbare Kennzeichnungen. LESS mache sowohl den aktuellen Stand der Transformation als auch die unternommenen transformativen Anstrengungen auf dem Weg zur Herstellung von „Near-Zero“-Stahl über alle Prozessrouten sichtbar und damit marktfähig. Wer mit Investitionen in klimaneutralen Stahl vorangehe, könnte so am Markt belohnt werden.
Herzstück ist das Kennzeichnungssystem, das über eine stufenförmige Klassifizierungsskala eine Einstufung von CO2-arm hergestelltem Stahl ermöglicht. Zugleich müssen Unternehmen, die sich nach LESS zertifizieren, ihre Schrottquote wie auch den im Stahlfertigprodukt enthaltenen Product Carbon Footprint (PCF) oder Global Warming Potential (GWP)-total entsprechend Environmental Product Declaration (EPD) ausweisen. Stahlverwender erhalten somit alle Informationen, die sie benötigen, um ihre Klimaziele mithilfe von CO2-arm hergestelltem Stahl zu dokumentieren. Das LESS-Regelbuch bildet die Grundlage für eine unabhängige Zertifizierung.
Der Einführung von LESS ging ein einjähriger Stakeholderprozess „Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe“ voraus, der vom BMWK organisiert und im November 2023 abgeschlossen wurde. Es waren mehr als 60 Vertreterinnen und Vertreter von politischen Institutionen, von produzierenden Unternehmen, von Stahlhändlern, aus der Weiterverarbeitungs- und Abnehmerbrache sowie Mitglieder von NGOs, Instituten und Think Tanks beteiligt. Mit dem Launch von LESS setzt die Stahlindustrie in Deutschland die Ergebnisse dieses Stakeholderdialogs für die Stahlindustrie um.
LESS sei auf internationale Zusammenarbeit ausgelegt. Zum einen baue das System auf dem international anerkannten Vorschlag der Internationalen Energieagentur (IEA) auf, der von den G7-Staaten im Mai 2022 als robuster Startpunkt anerkannt worden war. Zum anderen werde LESS von einer in Brüssel ansässigen gleichnamigen AISBL (ähnlich zum e.V. in Deutschland), die sich bereits in Gründung befindet, ab Herbst 2024 als Systemeigner verwaltet. LESS stehe als freiwillige Kennzeichnung allen Stahlproduzenten offen.
Quelle: WV Stahl