Die elf Bundesländer mit Stahlstandorten - Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – haben eine Resolution veröffentlicht, in der sie die Bundesregierung dazu auffordern, auf faire Wettbewerbsbedingungen für die heimische Stahlindustrie hinzuarbeiten.
Die Organisation und Federführung der gemeinsamen Sitzung hatte das Saarland inne. An dem Treffen in der saarländischen Landesvertretung in Berlin nahmen neben den beteiligten Landesministerinnen und –ministern auch Bundesminister Dr. Robert Habeck, sowie Spitzenvertreterinnen und -vertreter der Wirtschaftsvereinigung Stahl und der IG Metall teil.
Konkret fordern die Mitgliedsländer die Bundesregierung dazu auf, den Stahlstandort Deutschland zu verbessern und aussichtsreichere Investitionsperspektiven zu schaffen. Dazu sollen auf europäischer sowie internationaler Ebene möglichst gleiche Wettbewerbsbedingungen etabliert werden. Hinsichtlich des Strompreisniveaus begrüsst die Allianz die Entscheidung des Bundes, die Stromsteuer für das Produzierende Gewerbe auf den europäischen Mindestwert senken zu wollen, mahnt aber gleichzeitig an, von einem international wettbewerbsfähigen Preis noch weit entfernt zu sein. Notwendig seien insbesondere eine Stabilisierung der Netzentgelte und eine Brückenfinanzierung des Strompreises für die energieintensive Industrie.
Ein weiterer Schwerpunkt des Treffens war die künftige Transformation der Stahlindustrie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Grundsätzlich begrüßt die Allianz, dass die Bundesregierung ihre Programme zur Dekarbonisierung der Industrie und den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft weiter vorantreiben möchte. Hier müsse allerdings schnellstmöglich Klarheit über das Verfahren erzielt werden.
Die Mitglieder der Stahlallianz bitten die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass staatliche Förderung entlang des gesamten Transformationspfades auch für mittelständische Unternehmen des Sektors langfristig zur Verfügung gestellt wird. Damit solle die Planungssicherheit garantiert und Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Darüber hinaus ersuchen die Länder der Stahlallianz die Bundesregierung, die Transformationsbemühungen der Branche durch einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien zielführend zu unterstützen. Des Weiteren solle sich der Bund für die Einführung von grünen Leitmärkten für die Grundstoffindustrien auf EU-Ebene stark machen.
Zudem soll die Transformation der Stahlindustrie auch außenwirtschaftlich abgesichert werden. Dazu wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für eine befristete Fortführung der Stahl-Safeguards zur Vermeidung von wettbewerbsverzerrenden Handelsumlenkungen bis möglichst Mitte 2026 einsetzen.
Außerdem sollen die Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen der EU konsequent angewandt und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.
Die Resolution wurde Bundesminister Dr. Robert Habeck bei dem Treffen vorgestellt und gemeinsam mit ihm diskutiert. Auch Spitzenvertreterinnen und -vertreter der Wirtschaftsvereinigung Stahl und der IG Metall konnten ihre Stellungnahmen bei dem Treffen abgeben.
Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz: „Die Dekarbonisierung der Stahlindustrie ist entscheidend für eine erfolgreiche Transformation hin zu Klimaneutralität. Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bleibt die Bundesregierung ohne Abstriche auf dem von ihr eingeschlagenen Weg, u.a. mit den vier großen für das IPCEI Wasserstoff ausgewählten Stahlprojekten und den Klimaschutzverträgen. Dabei geht es darum, die Stahlindustrie in Deutschland zu halten, sie klimaneutral aufzustellen und zukunftsfähig zu machen. Dies schaffen wir nur im engen Schulterschluss mit den Bundesländern, der Industrie und den Gewerkschaften. Daher freue ich mich über die Initiative für das heutige Treffen, welches die Einigkeit von Bund und Ländern bezüglich der zentralen Handlungsfelder und Herausforderungen für die deutsche Stahlindustrie unterstreicht.“
Jürgen Barke, Wirtschaftsminister des Saarlandes: „Die Stahlindustrie ist ein maßgeblicher Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor in Deutschland –für das Saarland ist sie sogar systemrelevant. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung der Politik, angemessene Rahmenbedingungen für die Branche zu schaffen. Mit dieser Resolution zeigen die Stahlländer gemeinsam, dass sie die Transformationsprojekte hin zu grünem Stahl unbedingt zu einem erfolgreichen Ende führen wollen. Dazu brauchen alle Unternehmen verlässliche Förderzusagen des Bundes zur Abdeckung der Investitions- und Betriebsmehrkosten sowie international faire Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen für die Branche. Von unserem heutigen Treffen geht ein wichtiges Signal für die Zukunftsfähigkeit dieser Leitindustrie aus.“
Mona Neubaur, Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Nordrhein-Westfalen: „Die nächsten fünf Jahre sind entscheidend für den Erfolg der Industrietransformation und deshalb gilt es mehr denn je, keine Zeit zu verlieren. Wer jetzt schnell ist, hat alle Chancen, sich im neuen Leitmarkt grüner Stahl bestmöglich zu positionieren. Hier und heute sehen wir erneut: Deutschland hat großes Potenzial für Innovationen. Mehr denn je sind kreative Köpfe, beste Ideen und geeignete Rahmenbedingungen gefragt, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen zu sichern und zu stärken.“
Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl: „Die Stahlunternehmen in Deutschland setzen konsequent auf Klimaneutralität, sind mitten in der ersten Phase ihrer Transformation und dankbar für die bisherige Unterstützung durch Stahlländer und Bundeswirtschaftsministerium. Weil es auch für die nächsten Schritte eine klare politische Perspektive braucht, begrüßen wir die heute verabschiedete Resolution, denn sie enthält ein starkes Bekenntnis zum Industriestandort Deutschland und fordert unsere Bundesregierung auf, sich jetzt auf die weiteren Umsetzungsschritte zu konzentrieren. Und bei dieser Umsetzungs-Roadmap ist Fokus und Tempo gefragt: Besonders dringend sind wettbewerbsfähige Strompreise als unverzichtbare Grundlage für unsere Produktion, aber genauso wichtig sind der Ausbau Erneuerbarer Energien und dazugehöriger Netze, der Wasserstoffhochlauf mit entsprechender Infrastruktur, faire internationale Handelsbedingungen und die Schaffung grüner Leitmärkte.“
Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall: „Die Stahlindustrie spielt bei der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft eine zentrale Rolle: Hier befindet sich der größte Hebel, um unsere Industrie schnell klimaneutral aufzustellen. Zudem ist eine starke Stahlindustrie für die Verkehrs- und Energiewende unerlässlich. Die Stahlindustrie ist als Grundstoffindustrie Voraussetzung für resiliente Liefernetzwerke. Von ihr hängen Zehntausende gut bezahlte, tariflich abgesicherte Arbeitsplätze direkt und bis zu vier Millionen Arbeitsplätze indirekt ab. Jeder Euro für den grünen Umbau der Stahlindustrie ist darum gut investiertes Geld in einen zukunftsfähigen Industriestandort mit guten, sicheren Arbeitsplätzen. Es geht um einen Jahrhundertumbau unserer Industrie. Der lässt sich nicht aus dem laufenden Haushalt stemmen. Wir brauchen eine Reform der Schuldenbremse oder ein Sondervermögen zur Finanzierung der Transformation. Alle politischen Kräfte -Bundesregierung wie Opposition, Bundes-wie Landesebene –müssen sich jetzt schnell darauf einigen, wie dieser Umbau solide und verlässlich finanziert werden soll. Die Beschäftigten brauchen Sicherheit im Wandel.“